So gelingen Herbstbilder – Fototipps für die goldene Jahreszeit

Der Herbst ist für viele Fotografen die schönste Jahreszeit für stimmungsvolle Aufnahmen. Sie bietet eine enorme Vielfalt an prächtigen Farben und die einzigartigen Lichtspiele. Mit etwas Vorbereitung und Planung gelingen so aussergewöhnliche und einmalige Aufnahmen. Der FUJIFILM X-Fotograf Oliver Wehrli verrät ein paar wertvolle Tipps, wie aus zauberhaften Herbstmotiven eindrucksvolle Bilder werden können. Dazu muss man nur noch die Kamera einstecken und raus gehen!

Nebel und Sonne sorgen für Spannung

Fast gleichzeitig mit dem Herbst und den kälter werdenden Nächten kommt auch der Nebel auf. Der Nebel dämpft die Leuchtkraft der Farben, lässt Kontraste verschwinden und bringt feine Nuancen zur Geltung. Er reduziert das Bild, die Landschaft wird zum Gemälde.

Besonders frühe Morgenstunden haben ihren besonderen Reiz, denn dann liegt die Landschaft oft noch im Nebel, oder der Boden wird von Nebelschwaden überzogen. Genau dann lohnt es sich hinauszugehen, um von einem erhöhten Standpunkt stimmungsvolle Herbstbilder einzufangen.

Es empfiehlt sich allgemein früh bei Tagesanbruch unterwegs zu sein, die Sonne steht dann noch tief und im Herbst entstehen die schönsten Stimmungen am Morgen. Doch es gibt auch Tage, an denen selbst später noch schöne Lichtspiele entstehen.

Das erste der folgenden Bilder beispielsweise ist etwa zwei Stunden nach Sonnenaufgang entstanden. Erst als sich die Sonne durch den Nebel gekämpft hatte, konnte diese äusserst dynamische Licht- und Nebelstimmung im Bild festgehalten werden.

Das zweite Bild zeigt, wie sich das in einem flachen Winkel durch den Wald strahlende Licht besonders reizvoll einfangen lässt, wenn die Sonne an einem Herbstmorgen noch tief steht. Der Dunst im Wald verstärkt dabei den Effekt der Sonnenstrahlen zusätzlich.

Das dritte Bild entstand bei dichtem Nebel an einem Abend im Spätherbst.

Das optimale Zeitfenster ist sehr kurz

15mm / 1/3 Sek. / f18 / ISO 200

Die Sonne bewegt sich sehr rasch, da gilt es, das Zeitfenster richtig einzuschätzen. Um ein Motiv im richtigen Moment zu erwischen sollte man bereits etwas vorher vor Ort sein, um für den optimalen Augenblick bereit zu sein.

Schaut man im Nachhinein die Serie der Aufnahmen an, wird man frappante Unterschiede erkennen: bereits 30 Sekunden Zeitunterschied von der einen zur nächsten Aufnahme können extreme Variationen aufzeigen.

Vor allem das Licht beeinflusst die Umgebung so stark, dass das Gesamtbild von einer zur nächsten Aufnahme eine ganz andere Geschichte zu erzählen vermag.

Die goldene Stunde ist magisch!

30mm / 0,6 Sek. / f14 / ISO 200

Die beste Zeit um interessantes Licht und Stimmung einzufangen, ist in der Regel am Morgen zur goldenen Stunde. Diese ist in der ersten halben Stunde, kurz nachdem die Sonne aufgeht und die letzte halbe Stunde am Abend, wenn die Sonne untergeht.

Dies gilt übrigens nicht nur für Herbstlicht, sondern auch allgemein für Landschaftsaufnahmen. Das Sonnenlichtzu dieser Zeit ist viel weicher, farblich interessanter und es verbessert den Kontrast von Formen und Texturen.

Planung kann grosse Vorteile bringen

Grundsätzlich gilt es, für optimale Herbstbilder den richtigen Zeitpunkt für den ausgewählten Standort oder das gewünschte Motiv zu bestimmen.

Natürlich kann man einfach mit der Kamera losziehen, auf interessante Motive treffen und diese mit einfachsten Mitteln fotografieren. Solche Reportage-Bilder mögen schön und interessant sein. Hat man jedoch eine genaue Idee und will man ein Motiv in speziellem Licht umsetzen, braucht es eine gewisse Planung. Ideal ist, wenn man die Location bereits vorher einmal besucht hat und man mit den örtlichen Verhältnissen vertraut ist.

Um den richtigen Zeitpunkt festzulegen ist es ebenso von Vorteil, die örtlichen Wetterdaten zu checken. Dazu gibt es zum Beispiel Apps, die den genauen Zeitpunkt des Sonnenstands aufzeigen. Da jedoch darauf auch nie 100prozentiger Verlass ist, muss man manchmal bereit sein, vieles einfach auszuprobieren. Denn selbst wenn sich die Vorstellung einer vorhergesehenen Stimmung nicht erfüllt, eine Variation davon kann mindestens so interessant sein. Da gilt das Sprichwort „Wer nicht wagt der nicht gewinnt“.

15mm / 1/3 Sek. / f/14 / ISO 20

Bei diesem Bild hier zum Beispiel zahlte sich die Geduld und Planung aus. Im Abendlicht setzte sich die Sonne nur noch für einen kurzen Moment in Szene. Genau diesen Moment galt es, nicht zu verpassen!

Die passende Technik und Ausrüstung

Filter ermöglichen Bildvariationen

Polarisationsfilter oder Graufilter können das Aussehen der Bilder verändern. Polfilter verbessern die Farben. Ein blauer Himmel zum Beispiel wirkt noch intensiver, das Bild verändert sich dadurch deutlich. Ohne Filter muss allenfalls nachträglich in der Bearbeitung korrigiert werden (RAW-Modus).

Ein Polfilter erzeugt übrigens die beste Wirkung, wenn die Sonne oder das Licht in einem Winkel von 90 Grad auf das Motiv scheint.

Stativ erleichtert Bildgestaltung
36mm / 30 Sek. / f16 / ISO 200

Mit einem Stativ ergeben sich mehr Möglichkeiten in der Bildgestaltung. Es erlaubt mit extrem viel längeren Belichtungszeit zu arbeiten, die einen ganz anderen Bildlook erzeugen. Ein einfaches Beispiel sind Motive mit Wasser oder Nebel, die durch längere Belichtung fliessende Effekte erzeugen.

In diesem Bild: Der Wind lässt den Nebel fliessen. Stativ und Filter ermöglichten es, eine längere Belichtungszeit anzuwenden. Damit erhielt das Nebelmeer eine fliessend weiche Struktur.

Blende und Verschlusszeit

Das Spiel mit Blende und Verschlusszeit ist in der Fotografie elementar. Für Landschaftsbilder verwendet man eine eher kleine Blende von f8 bis f14. Das ermöglicht Bilder mit durchgehender Tiefenschärfe. Will man im Gegenlicht Effekte mit Sonnensternen darstellen, empfiehlt sich sogar eine sehr kleine Blende von f18 – f/22. Allerdings muss man da aufpassen, weil dabei auch rasch die Gefahr von sogenannten Flares (Blendenflecken) besteht.

Auch wenn in der Landschaftsfotografie meist mit einer eher geschlossenen Blende gearbeitet wird, kann man durchaus gewisse Motive mit offener Blende umsetzen – beispielsweise einen Pilz im Wald.

Brennweite

Für Herbstmotive eignet sich jede Brennweite, wobei für Landschaftsmotive weitwinklige Brennweiten klar favorisiert werden. Weitwinkel bedeutet vor allem auch, dass man näher an das Motiv heran gehen kann, dabei sind die Komposition und der Bildaufbau sehr entscheidend.

Mehr zum Thema Bildaufbau und Bildgestaltung finden Sie im Artikel „vom Goldenen Schnitt zum perfekten Bild“

Mit Brennweiten im Telebereich von 80 – 300mm lassen sich aber auch Distanzen überbrücken oder eine weite Strecke raffen – beispielsweise eine Allee.

Grundsätzlich gelingen mit jeder Brennweite gute Herbstbilder. Wenn eine gewünschte Brennweite fehlen sollte, wählt man eben eine andere Perspektive oder man passt den Abstand zum Motiv an.

Das erste Bild entstand mit einer Brennweite von f14, aufgenommen ausserhalb der goldenen Stunde.

Für das zweite Bild genügte eine fixe Brennweite. Mit einer längeren Belichtungszeit gelang es, den aufkommenden Nebel mit einem fliessenden Effekt zu fotografieren.

Beim dritten Bild, einem Motiv aus grösserer Distanz, drängte sich eine lange Brennweite geradezu auf.

Was es für ein gutes Bild braucht

Selbstverständlich sind eine optimale Ausrüstung und passendes Zubehör für die Inszenierung eines Bildes immer von Vorteil. Grundsätzlich gilt aber, dass man ein Bild nur mit der Ausrüstung machen kann, die man auch dabei hat. Wir Fotografen pflegen zu sagen: „die beste Kamera ist immer die, die man auch dabei hat“.

Unterwegs, vor allem in der Natur, bewegt man sich mit einer minimalen Ausrüstung komfortabler. Man hat den Kopf freier, entdeckt lohnenswerte Motiveleichter, man arbeitet schneller, ist experimentierfreudiger und so entstehen meist auch bessere Bilder.

Wer im Vorfeld darüber nachdenkt, was wirklich gebraucht wird und was unnötiger Ballast sein kann, der ist alleweil im Vorteil. Grundsätzlich gilt hier: weniger ist oft mehr.

Die wichtigste Voraussetzung für gute Bilder ist aber auch hier: Experimentierfreudigkeit!

Im Fokus

Oliver Wehrli, Fujifilm X-Photographer
Für Landschaftsbilder sind Licht und Augenblick matchentscheidend, um einzigartige Stimmungen einzufangen. Ich liebe die Natur und die Landschaften. Die Schweiz hat in den vier Jahreszeiten eine enorme Vielfalt an extrem schönen Bildmotiven zu bieten. Die Nebel- und farbenprächtigen Lichtstimmungen des Herbstes faszinieren mich besonders stark!

Mehr Informationen und Bilder: www.oliverwehrli.ch

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5.10.2016