Das Freeriden
Freeriden bedeutet kurz gesagt „Fahren im freien Gelände“ oder „Variantenfahren“. Der Ausdruck wird in verschiedenen Bereichen verwendet, z. B. beim Mountainbiken, Snowboarden, Skifahren, etc…
Die Sportart (Ski-Freeriden) hat sich in den letzten Jahren stark etabliert und findet immer mehr Anhänger. Dazu gehört es auch meist, den „Ride“, also die Fahrt, mit dem Handy oder der Kamera festzuhalten.
Auch die Skigebiete werben immer mehr mit Bildern von wunderbar weichem Tiefschnee und anspruchsvollen Abhängen – perfekte Verhältnisse für das Freeriden.
Das Film-Projekt „Color Trip“
Die Idee ist eigentlich relativ einfach: Fahren durch eingefärbten Schnee, sospezielle Effekte erzeugen und dies mit der Kamera festhalten. Oder anders gesagt: Sport und Kunst vereinen. Die Brüder Falquet tun genau das und schaffen so Aufmerksamkeit in und vor allem für die Freeride-Szene – genau das war das Ziel!
Grosse Sportartikel-Marken wurden bereits vorher auf die Brüder aufmerksam und unterstützen diese, damit die Freeride-Szene durch solche Projekte noch weiter ausgebaut und bekannt gemacht werden kann.
Im Winter 2013 realisierten Sie das Film-Projekt „Color Trip“, immer begleitet von einem Film-Team und dem Fotografen Jeremy Bernard, der all die Szenen mit der Foto-Kamera festhielt.
Was genau hinter dem Projekt steckt und wie es zu Stande kam, erfahren Sie im folgenden Interview.
Das Interview
Möchtet ihr euch kurz vorstellen?
Loris und Nicolas: Wir sind 37 und 35 Jahre alt und seit beinahe 20 Jahren Ski-Freerider. Von Anfang an haben wir uns dabei für die Möglichkeiten der Bildtechnik interessiert, da unser Sport sich unserer Meinung nach gut dafür eignet. Schon seit mittlerweile 18 Jahren verbinden wir jetzt diese beiden Leidenschaften.Jeremy: Ich bin 29 Jahre alt, Franzose und seit sechs Jahren Fotograf für Extremsportarten, hauptsächlich im Bereich des Ski-Freeriding.
Ihr realisiert seit langem gemeinsame Projekte. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen und wie hat sich diese entwickelt?
Loris und Nicolas: Wir sind schon immer zusammen Ski gefahren. Daraus hat sich irgendwann automatisch eine Arbeitsbasis ergeben. Damit das funktioniert, ist es entscheidend, in einem Team zu arbeiten, das sich gut versteht, ohne Konkurrenzdenken oder Neid. Das ist manchmal schwierig, wenn man versucht, kreativere statt auf Leistung bezogene Dinge zu machen, die auch nicht einfach nur eine Kopie dessen sind, was andere machen (was in dieser Szene häufig vor- kommt). Also haben wir dieses Farb-Projekt erarbeitet.
Jeremy: Wir haben uns bei einer Flasche Rotwein getroffen (lacht). Ich bin mit Jeremy Heitz, dem dritten Skifahrer des Projekts, durch Chile und Argentinien gereist. Er arbeitete bereits mit Nico und Loris zusammen. Eines Tages bin ich zum Skifahren nach Les Marécottes gefahren und dort haben wir uns getroffen. Dieses Farb- Projekt hat uns von Anfang an alle fasziniert und wir haben beschlossen, im Team zu arbeiten.
Wie sind Sie auf diese Idee mit dem eingefärbten Schnee gekommen? Können Sie uns erzählen, wie Sie bei diesem Projekt vorgegangen sind?
Loris und Nicolas: 2012 arbeiteten wir gerade an einem Video („Secret Spot“) zur Promotion des Skigebiets Trient. Uns fiel auf, dass alle Bilder letztlich ähnlich waren, wo immer sie auch herstammten: Menschen, die sich im weissen Schnee amüsieren. Daraus ist die Idee entstanden, den Schnee einzufärben, damit er sich von allen anderen unterscheidet. Die ersten Versuche haben wir noch 2012 gestartet, 2013 realisierten wir dann das Projekt. Es war gar nicht so einfach. Für den fotografischen Teil mussten wir einen motivierten Fotografen finden, der mitdenkt und die Aufnahmen so lange optimiert, bis ein gutes Resultat in Sicht ist. Es durfte niemand sein, der sich darauf beschränkt, einfach unsere Dreharbeiten zu fotografieren.
Welche Hindernisse und Schwierigkeiten galt es zu überwinden, um diese Ergebnisse zu erzielen?
Loris und Nicolas: Wir hatten über Jahre hinweg gelernt, schöne Aufnahmen bei Licht zu machen, doch dann mussten wir plötzlich im Dunkeln arbeiten. Es war nämlich unmöglich, die Farbpigmente auf dem weissen Schnee aufzubringen, ohne dass die UV-Strahlen ihren Zustand beeinflussten und den Schnee erwärmten. Dazu kam, dass entweder der Skifahrer seinen Stunt oder die Kamera verfehlte, manchmal hatten wir auch Probleme bei der Verteilung der Farbpigmente. Nach mehreren manuellen Versuchen und solchen mit UV-Löschern haben wir schliesslich einen Zerstäuber aus der Landwirtschaft besorgt. Damit konnten wir eine ausreichend grosse Fläche abdecken, ohne Spuren zu hinterlassen.
Jeremy: Es gab viele Schwierigkeiten, die wir meist mit Erfolg bewältigt haben. Die grösste Herausforderung bestand darin, sehr frischen Neuschnee zu finden. Wir hatten das Glück, dass es ein sehr gutes Schneejahr war, eine der besten Saisons der letzten zehn Jahre. Unsere Feinde waren die Sonne und das Licht. Zwei Monate lang haben wir nahezu pausenlos gearbeitet. Wir waren nicht permanent in den Bergen, aber mussten auf die richtigen Bedingungen warten, gut nachdenken, das richtige Material kaufen, dieses dorthin transportieren und einrichten. Nach zweistündiger Einrichtungszeit konnten wir eine Tonung machen, ein Foto und ein Video. Dann sind wir wieder abgezogen. Mehr ging nicht. Das hat uns also enorm viel Zeit gekostet.
Für diese Aufnahmen benötigt es enorm viel Material und Equipment. Wie habt ihr das organisiert?
Loris und Nicolas: Bei den grösseren Maschinen war das tatsächlich sehr schwierig. Wir haben uns für den Aufnahmeort „les Marécottes“ entschieden, da wir dort schon seit Jahren gearbeitet haben, die ganze Region auswendig kennen und wir wissen, dass mit den Leuten dort einfach alles möglich ist. Der Schnee dort ist perfekt und uns wurde sogar angeboten, unser Equipment dort lagern zu können.
Jeremy: Die Leute in les Marécottes lassen uns tatsächlich vieles machen, woanders wäre das Ganze wohl nicht möglich gewesen. Auch wenn Ocker, welches wir für die Farbe verwendet haben, zu 100% natürlich ist und es keine Gefahr für die Umwelt darstellt, hinterlässt die Farbe Spritzer auf den Bergen, welche nicht gleich wieder verschwinden.
Zuerst haben wir das farbige Pulver mit 300ml Sprühdosen auf dem Schnee verteilt. Für die für eine Aufnahme benötigte Fläche waren 20-30 Kg notwendig. Mit den Sprühdosen ging das viel zu lange und so haben wir diese Geräte besorgt, welche man für das Spritzen von Reben, Gemüse oder Früchten benutzt. So kamen wir viel schneller voran.
Fotografieren im Schnee erfordert Übung und gute Voraussetzungen. Was ist Ihr Trick?
Jeremy: Nicht die Qualität des Fotografen, sondern die Fertigkeiten als Skifahrer bestimmen, wo man hinfahren und sich entsprechend bewegen kann. Aufgrund meiner alpinen Skierfahrung habe ich die erforderlichen technischen Voraussetzungen, um den Freeridern folgen zu können. Der Schnee ist nicht leicht zu bändigen. Einmal denkt man, dass dies der beste Tag mit den schönsten Shots sein wird, und dann kommt doch alles anders. Ein anderes Mal denkt man, alles sei misslungen, doch dann stellt man fest: Das Resultat ist unglaublich! Es ist schwierig, da wir vom Wetter und den Witterungsbedingungen abhängig sind.
Loris und Nicolas: Die modernen Ski-Aufnahmen gibt es seit 20 Jahren. Alles muss neu erfunden werden, weil man alles schon gesehen hat. In unseren Anfängen Ende der 1990er-Jahre hatte man gute Chancen, mit einem gestochen scharfen und gut belichteten Foto von schönem Schnee in guter Tonung auf der Titelseite einer Zeitschrift zu erscheinen. Heutzutage gibt es viel mehr Konkurrenz. Man muss sehr originell sein und das Foto des Jahrhunderts schiessen. Wir sind uns bewusst, dass man bei Videos wie auch bei Fotos den Mut und die Lust haben muss, sinnstiftende Projekte aus einer künstlerischeren Perspektive anzugehen.
Diese Nische beschränkt sich zwar auf das Skifahren und das Fotografieren, mit unseren Ideen und dem gewissen Etwas möchten wir dabei aber mehr Spannung reinbringen und Neuartiges schaffen.
Loris hat nun wieder mit dem Studium begonnen und ist somit viel weniger verfügbar. Wir haben noch zwei bis drei Projekte, welche wir realisieren möchten. Das alles kostet aber enorm viel Geld und die Winter sind auch hier leider viel zu kurz.
Im Fokus
Die Brüder Falquet
Loris, 37 Jahre und Nicolas, 35 Jahre, sind schon seit fast 20 Jahren in der Ski-Freeride-Szene unterwegs und haben das einzigartige Projekt „Color Trip“ realisiert.
Mehr Infos zu den Brüder Falquet finden Sie unter www.huckandchuck.com
Jeremy Bernard
29 Jahre alt, Franzose und seit rund sechs Jahren Fotograf für Extremsportarten, hauptsächlich im Bereich des Ski-Freeriding.Mehr Infos und Bilder von Jeremy Bernard finden Sie unter www.jeremy-bernard.com
Den Film „Color Trip“ sowie das Making of finden Sie auf Youtube: Film „Color Trip“
Making of